Freitag, 11. Dezember 2020

Informations- und Medientext 

zum Roman «Felser Glut» von Martin Bruderer

Der Seeländer Autor entführt ins Kultur- und Wein-Ambiente am Bielersee, mit einer universellen Geschichte ums Ringen mit dem Schicksal, einem gar nicht immer wohlgesinnten.

Im Dezember 2020

Ein unbändiger Sturm, an Heiligabend, steht am Anfang des Romans aus dem Dreiseenland und aus dem Hier und Jetzt. Das wilde Unwetter lanciert eine turbulente, fabulöse und fast gleichnishafte Erzählung und ist nur eine der vielen Schicksalsgewalten, die das Leben der Protagonisten in ernster, aber auch humoristischer Weise immer wieder auf den Kopf stellen. Gleich auf der ersten Seite indes verdeutlicht die «Felser Glut» mit einem prägnanten Bild, worum die Geschichte über eine energische Klanggestalterin, eine geburtsblinde Entdeckerin und einen fischenden Flaneur einen Bogen macht: Die Windgewalten reissen ein grosses Kruzifix aus einem Dachgiebel, die INRI-Figur aus Porzellan prallt zu Boden und zerschellt. Kein Roman also von höheren Wesen und Mächten, welche an den Fäden ihrer Figuren im Diesseits ziehen. Dem Autor geht es nicht um religiöse oder weltanschauliche Deutungen der Wirrungen im persönlichen und gesellschaftlichen Leben.

Die INRI-Statuette aber erschlägt den siebzigjährigen Georg Fels, den Besitzer des «Felser Gutes», und macht den Rebbetrieb sinnbildlich zur Brache mit Fragezeichen hinter ihrer Zukunft und Stimulans für alles, was ins Rollen gerät. In der Folge kommt vieles ordentlich durcheinander, manches wird aufgewühlt! Und scheinen die Menschen an den Ufern des Bielersees gerade wieder etwas Boden unter den Füssen zu finden, so trifft sie bereits der nächste Schicksalsschlag: da zerstört ein gewaltiger Frost die zarten Triebe der Reben, da rafft eine Feuersbrunst die Existenz eines Rebgutes und einer Winzerfamilie dahin. Oder es ist einfach nur menschliche Verbiegung, die schöne, erfinderische und hehre Pläne zunichtemacht.

Im Trubel der Schicksalsschläge folgen wir drei versehrten, aber sympathischen Wesen, die alle meinen, ihren eigenen Umgang mit dem Lauf der Dinge gefunden zu haben. Fanny, die Erbin des «Felser Gutes», kämpft und wirft alles in jene Waagschalen, die auf ihre Seite kippen sollen, Mia akzeptiert verständnisvoll die vielen Hürden, welche die Folgen ihrer Blindheit häufig nur noch schwerer machen und Guillaume foutiert sich um die grossen Fragen. Er fährt einfach zum Fischen, auf die Weiten des Bielersees hinaus. Unter der Oberfläche aber gärt es wie in den Weintänken der Winzerdörfer, da ist viel mehr, es sucht Gelegenheit, sich Gehör zu verschaffen und auf den Lauf der Dinge einzuwirken. Die ebenso überraschenden wie auch harten Geschicke lassen keine Wahl: Die ausgetrampelten Pfade bieten sich nicht mehr an, nicht wirklich…

Unweigerlich kreuzen sich die Wege der Akteure, das Los verwebt die Handlungsstränge und ihre Strippenzieher. Es eröffnen sich Möglichkeiten, vielversprechende, gar fantastische vielleicht. Die Entscheidungen wiegen schwer. Und dann tauchen die Fragen zwischen den Zeilen auch für die Leserinnen und Leser auf: Grosses wagen oder nicht? Sich endlich zusammentun mit anderen? Träume wahr werden lassen? Die Lebensreise wirklich antreten? Die Fügungen des Schicksals hinnehmen? Auflehnung oder Ergebenheit? Wagemut oder Bescheidenheit und Leidensbereitschaft?

Keine aufdringliche Geschichte, eher subtile Anregung, alles im präzis und facettenreich geschilderten Ambiente der Weinwirtschaft, inmitten der unverwechselbaren Preziosen der Kulturlandschaft um Ligerz, Twann und Tüscherz und ihrer Rebhänge. Überdies ein wie sonst selten genauer und einfühlsamer Einblick in die Erlebenswelt eines vollblinden Menschen, diesbezüglich thematisch lektoriert von Yvonn Scherrer, Radiojournalistin und Buchautorin, die sich ebenfalls nicht zu den «Augenmenschen» zählen kann.

Schliesslich kein trübseliger Ausgang, keine schwere Kost, Unterhaltungsliteratur, aber nicht ohne Tiefgang. Vielleicht auch ein Spiegelbild der Seeländer Seele, welche Brücken schlägt, zwischen Jura und Mittelland, und welche die Romandie mit der deutschsprachigen Schweiz verbindet. Wie im Wein findet zum Schluss so manche Gärung ihre Vollendung in einem edlen Ergebnis. Man verkoste genüsslich Säure, Bitterstoffe, Geistiges und die Süsse eines heimatlichen Flüsterns, Plätscherns und ja, auch Rauschens aus der Twannbachschlucht in den Bielersee.

Die «Felser Glut» wartet formal mit einer seltenen Besonderheit auf: Der Autor schiebt zwischen die Prosa der Kapitel kurze, lyrische Teile, deren Inhalte sich erst nach und nach erschliessen, mit der Enthüllung eigenartiger und zunächst geheimnisvoller Ereignisse. Im Laufe der Lektüre erfahren die Leser*innen ihre Bedeutung, wie in gewisser Weise auch die Protagonisten der Geschichte. Viel Spannung, viel Symbolik, welche oft mehrere Deutungen zulässt, aber kein Krimi-Plot.

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Auskünfte direkt beim Autor: Martin Bruderer

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Roman «Felser Glut»
ISBN 978-2-8399-3109-0

 

Den Roman «Felser Glut» kann man beziehen (Taschenbuch, Richtpreis im Laden: CHF 15.90):

In Bern bei www.libromania.ch (Webshop)
oder im Laden an der Länggass-Strasse 12, 3012 Bern, 031 305 30 30

In Biel im Laden bei Lüthy Bücher, Nidaugasse 60, 2502 Biel/Bienne

Oder in jeder Buchhandlung in der Schweiz. 

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