Informations- und Medientext
zum Roman «Felser Glut» von Martin Bruderer
Der Seeländer Autor entführt ins Kultur-
und Wein-Ambiente am Bielersee, mit einer universellen Geschichte ums Ringen
mit dem Schicksal, einem gar nicht immer wohlgesinnten.
Im Dezember 2020
Ein unbändiger Sturm, an Heiligabend, steht am Anfang des
Romans aus dem Dreiseenland und aus dem Hier und Jetzt. Das wilde Unwetter
lanciert eine turbulente, fabulöse und fast gleichnishafte Erzählung und ist
nur eine der vielen Schicksalsgewalten, die das Leben der Protagonisten in
ernster, aber auch humoristischer Weise immer wieder auf den Kopf stellen. Gleich
auf der ersten Seite indes verdeutlicht die «Felser Glut» mit einem prägnanten
Bild, worum die Geschichte über eine energische Klanggestalterin, eine
geburtsblinde Entdeckerin und einen fischenden Flaneur einen Bogen macht: Die
Windgewalten reissen ein grosses Kruzifix aus einem Dachgiebel, die INRI-Figur
aus Porzellan prallt zu Boden und zerschellt. Kein Roman also von höheren Wesen
und Mächten, welche an den Fäden ihrer Figuren im Diesseits ziehen. Dem Autor
geht es nicht um religiöse oder weltanschauliche Deutungen der Wirrungen im
persönlichen und gesellschaftlichen Leben.
Die INRI-Statuette aber erschlägt den siebzigjährigen Georg
Fels, den Besitzer des «Felser Gutes», und macht den Rebbetrieb sinnbildlich
zur Brache mit Fragezeichen hinter ihrer Zukunft und Stimulans für alles, was
ins Rollen gerät. In der Folge kommt vieles ordentlich durcheinander, manches
wird aufgewühlt! Und scheinen die Menschen an den Ufern des Bielersees gerade wieder
etwas Boden unter den Füssen zu finden, so trifft sie bereits der nächste
Schicksalsschlag: da zerstört ein gewaltiger Frost die zarten Triebe der Reben,
da rafft eine Feuersbrunst die Existenz eines Rebgutes und einer Winzerfamilie
dahin. Oder es ist einfach nur menschliche Verbiegung, die schöne,
erfinderische und hehre Pläne zunichtemacht.
Im Trubel der Schicksalsschläge folgen wir drei versehrten,
aber sympathischen Wesen, die alle meinen, ihren eigenen Umgang mit dem Lauf
der Dinge gefunden zu haben. Fanny, die Erbin des «Felser Gutes», kämpft und
wirft alles in jene Waagschalen, die auf ihre Seite kippen sollen, Mia
akzeptiert verständnisvoll die vielen Hürden, welche die Folgen ihrer Blindheit
häufig nur noch schwerer machen und Guillaume foutiert sich um die grossen
Fragen. Er fährt einfach zum Fischen, auf die Weiten des Bielersees hinaus.
Unter der Oberfläche aber gärt es wie in den Weintänken der Winzerdörfer, da
ist viel mehr, es sucht Gelegenheit, sich Gehör zu verschaffen und auf den Lauf
der Dinge einzuwirken. Die ebenso überraschenden wie auch harten Geschicke
lassen keine Wahl: Die ausgetrampelten Pfade bieten sich nicht mehr an, nicht
wirklich…
Unweigerlich kreuzen sich die Wege der Akteure, das Los
verwebt die Handlungsstränge und ihre Strippenzieher. Es eröffnen sich Möglichkeiten,
vielversprechende, gar fantastische vielleicht. Die Entscheidungen wiegen
schwer. Und dann tauchen die Fragen zwischen den Zeilen auch für die Leserinnen
und Leser auf: Grosses wagen oder nicht? Sich endlich zusammentun mit anderen? Träume
wahr werden lassen? Die Lebensreise wirklich antreten? Die Fügungen des
Schicksals hinnehmen? Auflehnung oder Ergebenheit? Wagemut oder Bescheidenheit
und Leidensbereitschaft?
Keine aufdringliche Geschichte, eher subtile Anregung, alles
im präzis und facettenreich geschilderten Ambiente der Weinwirtschaft, inmitten
der unverwechselbaren Preziosen der Kulturlandschaft um Ligerz, Twann und
Tüscherz und ihrer Rebhänge. Überdies ein wie sonst selten genauer und
einfühlsamer Einblick in die Erlebenswelt eines vollblinden Menschen, diesbezüglich
thematisch lektoriert von Yvonn Scherrer, Radiojournalistin und Buchautorin,
die sich ebenfalls nicht zu den «Augenmenschen» zählen kann.
Schliesslich kein trübseliger Ausgang, keine schwere Kost,
Unterhaltungsliteratur, aber nicht ohne Tiefgang. Vielleicht auch ein
Spiegelbild der Seeländer Seele, welche Brücken schlägt, zwischen Jura und
Mittelland, und welche die Romandie mit der deutschsprachigen Schweiz
verbindet. Wie im Wein findet zum Schluss so manche Gärung ihre Vollendung in
einem edlen Ergebnis. Man verkoste genüsslich Säure, Bitterstoffe, Geistiges
und die Süsse eines heimatlichen Flüsterns, Plätscherns und ja, auch Rauschens
aus der Twannbachschlucht in den Bielersee.
Die «Felser Glut» wartet formal mit einer seltenen Besonderheit auf: Der Autor
schiebt zwischen die Prosa der Kapitel kurze, lyrische Teile, deren Inhalte
sich erst nach und nach erschliessen, mit der Enthüllung eigenartiger und zunächst
geheimnisvoller Ereignisse. Im Laufe der Lektüre erfahren die Leser*innen ihre
Bedeutung, wie in gewisser Weise auch die Protagonisten der Geschichte. Viel
Spannung, viel Symbolik, welche oft mehrere Deutungen zulässt, aber kein
Krimi-Plot.
***
Auskünfte direkt beim Autor: Martin Bruderer
***
Roman «Felser Glut»
ISBN 978-2-8399-3109-0
Den Roman «Felser Glut» kann man beziehen (Taschenbuch,
Richtpreis im Laden: CHF 15.90):
In Bern bei www.libromania.ch (Webshop)
oder im Laden an der Länggass-Strasse 12, 3012 Bern, 031 305 30 30
In Biel im Laden bei Lüthy Bücher, Nidaugasse 60,
2502 Biel/Bienne
Oder in jeder Buchhandlung in der Schweiz.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen